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05.2004

erschienen in MODELLWERFT 10/1998

Bergholzbolzen - Perfektion en miniature



Vorwort Fertigungsablauf Einspannen Kopf und Schaft formen Bölzchen aufnehmen und einsetzen Einschlagen der Bölzchen
button4.gif 1. Vorwort -.-   

Diese Bölzchen sind unter all den Kleinteilen, die man als Modellbauer einzeln mit der Hand herstellen muß, die winzigsten. Derartig akribische Arbeiten laufen unter dem Namen Hobby früher nannte man das Steckenpferd, Kurzweil oder ganz einfach Zeitvertreib. Die Frage, ob man jetzt möglichst viel oder möglichst wenig Zeit vertreiben will, führt zu einer derartigen Verwirrung, daß man am besten das Thema wechselt oder wieder zu dem Wort Hobby zurückkehrt. Von außen betrachtet, werden unabhängig von der Wortwahl zwei Gruppen erkennbar:
die kreative und die beschauliche. Bei der ersten bleibt nach der eingesetzten Zeit etwas Berührbares übrig. Wenn bei der zweiten Gruppe auch nichts zum Anfassen entsteht, so sollte doch hier die Betonung weniger auf Zeitvertreib als auf Zeitausfüllung liegen.

Da sich jetzt das Wort "Zeit" wieder eingeschlichen hat, ist auch die Frage vom Anfang wieder da. Hier gibt es zwei humpelnde Antworten: Bei vorherrschender Langeweile muß möglichst viel Zeit "vertrieben" werden. Bei der kreativen Version scheint es logisch, möglichst viel Tätigkeit in einen Zeitabschnitt zu legen. Aber damit ist das Paradoxon noch nicht ausgeräumt. Während auf der einen Seite die Qualität eines Hobbys daran gemessen wird, wie schnell die Zeit dabei vergeht, versucht man auf der anderen Seite, durch Rationalisierung möglichst viel "Hobby" in einen bestimmten Zeitraum hineinzupacken und damit die Zeit zu strecken.

Jetzt, wo die philosophische Seite (fast) geklärt ist, sind Geist und Hände frei für die Fertigung des im folgenden beschriebenen Befestigungselementes.

Sein Steckbrief lautet: linsenförmige Köpfe, schwarz wie die Berghölzer, leicht überstehend und etwas kräftiger als die übrigen Bolzen.

Von der zum Verbolzen der normalen Planken angewandten Methode ist nur der erste Arbeitsgang, nämlich das Sägen des Vierkantstabes, übernehmbar. Darüber hinaus ergibt sich aus der Forderung, die Köpfe überstehen zu lassen, ein vollkommen anderer Ablauf. Von den in Abbildung 1 dargestellten Möglichkeiten wird die Version "b" gewählt. Sie ist wesentlich einfacher und optisch nicht von "a" zu unterscheiden. Die Bedingung dafür ist allerdings ein spielfreier Sitz, der wiederum durch die gleichmäßige Kalibrierung des Bolzens garantiert wird.

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Abb. 1:
Setzen der Befestigungbolzen:
a) original;
b) vereinfacht
Abb. 2.
Kalibrierklotz mit Schmirgelleinwand

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button4.gif 2. Fertigungsablauf -.-   

Der Rohling ist ein Stab von 1 x 1 mm mit gleichmäßig gebrochenen Kanten, also ein Achtkantstab, ca. 80 mm lang.

1. Durchmesser kalibrieren auf 0,9 mm

Die Werkzeuge hierzu sind eine gedrosselte Minibohrmaschine und ein Kalibrierklötzchen. Die Drosselung geschieht mit einem Widerstand von 25 Ohm und 510 Watt. Dieser wird in eine der beiden Zuleitungen ziwschengeschaltet, so hat die Maschine gerade noch genug Kraft, um den 1 -mm-Stab in den Rillen des Schleifklötzchens zu drehen, ohne ihn abzureißen. Der in Abbildung 2 dargestellte Kalibrierklotz ist ein echter Tiefstapler, er sieht klein aus, schmirgelt aber wie ein großer. Und das heißt, er rundet das Stäbchen und, wie der Name sagt, kalibriert es auch. Damit sind wir bei der Vorgehensweise.

Wenn die hintere Schraube angezogen wird, hebt sich die Seite mit der Rille. Die wiederum läßt sich gegen die Elastizität des Holzes auf das Schleifpapier ziehen. Dieser Balanceakt ist schon die ganze Zustellaktion. Zur Orientierung wird ein Körnerschlag auf der Schraube angebracht und eine Skala aufgezeichnet. Eine geringe Aufweitung in den ersten 2 mm der Führungsrille hilft beim Ansetzen des Werkstücks. Der Schleifkörper ist ein Stück gutes Schmirgelleinen (180er Schleifband) mit einem Schlitz zur Sicherung der Position, für den besseren Einlauf steht eine Seite etwas über.

Durch Schwenken des Schmirgelleinens um die Schraube kommt immer ein anderer Bereich zum Einsatz, und nach ein paar Schwenkungen wird es einfach durch ein neues Stück ersetzt. Die erste Einstellung des Kalibrators erfolgt mit eingelegtem Stäbchen: Wenn es sich gerade noch mit der Hand herausziehen läßt, kann's losgehen.

Außerdem ist es einen Versuch wert anstelle des Kalibrierklötzchens 280er Schmirgelleinen zu knicken und mit der Hand schmirgeln.

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Abb: 3.
Runden des Stabes mit dem Kalibrierklotz.
Abb. 6:
Am eingespannten Stababschnitt worden Kopf und Schaft in Handarbeit geformt
Abb. 8:
Einschlagen mit dem Setzdorn.

Zur Durchführung des eigentlichen Schleifvorganges spannt man das achtkantige Stäbchen in die Bohrmaschine ein, setzt an und schaltet die Maschine ein (Abbildung 3). Hierbei wäre es schon sehr nützlich, wenn man den Schalter dahin verlegt hätte, wo die Hand das Maschinchen hält. Das in Abbildung 4 gezeigte Schema zeigt die Art der Vorschubbewegung. Wenn man nämlich das Stäbchen einfach gleichmäßig und langsam in die Führungsrille hineinschiebt, läuft es sich sehr schnell fest. Sollte das trotz des gezeigten Bewegungsablaufes geschehen, muß die Zustellschraube gelöst werden. Falls das Stäbchen beim Festfahren abreißt, schwächt man den Maschinenantrieb besser etwas durch einen stärkeren Widerstand.

Wenn der Stab rund erscheint, wird gemessen, nachgestellt und wieder gemessen. Durchmesserschwankungen innerhalb eines Stabes werden ohne weitere Zustellung egalisiert. Die Bearbeitung erfolgt von zwei Seiten, also jeweils bis zur Hälfte, darüber hinaus hat es sich als vorteilhaft erwiesen, von der ersten Einstellung an immer das ganze Fertigungslos zu schleifen. Die Verwendung eines 1x1-mm-Stabes ist übrigens mehrfach erprobt und ergibt mit dem geringsten Aufwand gerade einen Rundstab von 0,9 mm Durchmesser.

Dies ist wohl die am meisten praktizierte Art, um einen Stab zu runden. Das gleiche könnte man auch durch einen Ziehvorgang erreichen, wozu jedoch viele eng abgestufte Bohrungen mit scharfen Kanten notwendig sind und das Rohmaterial zähfaserig sein muß.

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Abb. 4:
Vorschubschema.
Abb. 5:
Einspannen mit der richtigen Länge.
Abb. 7:
Vorrichtung zum sicheren Aufnehmen.

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button4.gif 3. Einspannen -.-   

In diesem Falle wird die sonst untergeordnete Nebentätigkeit zu einem wesentlichen Arbeitsgang. Wenn nämlich die hier ausprobierte Spannlänge von 3,4 mm nicht eingehalten wird, geht's schief. Also: Stäbchen in das Stiftklöbchen einschieben, in der Hilfsbohrung Länge einstellen und festspannen (Abbildung 5).


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button4.gif 4. Kopf und Schaft formen -.-   

Jetzt folgt reine Handarbeit, bei der man gemäß Abbildung 6 vorgeht:
a) Verrunden des Kopfes auf dem Schmirgelbrett (220er).
b) Nachschmirgeln, dazu legt man das 600er Schmirgelpapier in die hohle Hand.
c) Polieren in Holzleiste mit Rille. Der eingespannte Bolzen wird unter Drehung hin und hergeführt. Nachpolieren auf der Rückseite des Schmirgelpapiers.
d) Konisch schleifen und abbrechen, hierzu dient wieder ein Schmirgelholz. Die konische Form geht bis fast zum Kopf. Im Ausnahmefall läßt sich bei dieser Operation auch der anliegende Durchmesser etwas reduzieren.

Es wäre einen Versuch wert, zumindest die Arbeitsgänge 1 und 2 auf einer kleinen Drehmaschine auszuführen, wobei eventuell das Klöbchen mit eingespannt werden kann. Für den Arbeitsgang 1 müßte wahrscheinlich der Ausgangsdurchmesser etwas größer gewählt und pro Bölzchen reduziert werden.


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button4.gif 5. Bölzchen aufnehmen und einsetzen -.-   

Zum Aufnehmen des Winzlings gibt es zwei Möglichkeiten: die unterhaltsame und die effektive. Bei ersterer wird einfach mit der Pinzette zugegriffen, wobei sich vorher Wetten abschließen lassen, ob das Teil wegspringt oder nicht. Die Effektivmethode ist die mit dem Daumen (Abbildung 7). Der Daumennagel drückt das Stiftchen auf der Unterlage fest, so kann man es mit der Pinzette sicher greifen und in die Bohrung einsetzen.


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button4.gif 6. Einschlagen der Bölzchen mit dem Hamme -.-   

"Mann o Mann, ausgerechnet mit dem Hammer", ruft da jemand, "ausgerechnet an einem so fragilen Gebilde." Dieser Mensch muß mit der Betrachtung des Werkzeugs beruhigt werden: Mit keiner anderen einfachen Einrichtung ist brutale Gewalt so fein zu dosieren wie mit einem Hammer. Wollte man einen bereits festsitzenden Bolzen durch statischen Druck ein weiteres Zehntel tiefer setzen, würde man die Bordwand eindrücken - mit einem kleinen Hammer ist das dagegen kein Problem. Eine gleichmäßige Höhe der Bolzenköpfe wird durch die Verwendung eines entsprechend tief gebohrten Setzdornes erreicht (Abbildung 9). Daß trotz des Lobliedes auf den Hammer nur sehr vorsichtig geklopft werden darf, ist klar, und über 50 g sollte er auch nicht haben.


Günter Bossong
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