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08.2006

erschienen in MODELLWERFT 6/96

Leisten und Bauelemente


Vorwort Profilieren Profil A Metall-Sägeblatt Mehrzweckeinrichtung
button4.gif Vorwort -.-   

Nichts betont und untermalt so stark die herrlichen Formen und Linien alter Schiffe wie die verschiedenartigen Leisten entlang des Rumpfes und der Aufbauten. Mal nüchtern und vom Zweck bestimmt, mal kunstvoll, verlangt der Bau dieser Profilleisten besondere Fertigkeiten, sowohl beim Original als auch bei der Miniaturausführung der Modelle. Einer der Wege, die zu solchen Zierleisten führen, wird hier von unserem Autor Günter Bossong aus Bergisch Gladbach beschrieben. Es handelt sich um die linear profilierten Leisten und Bauelemente.

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Bild 129: "The Underdog" Bild 130: Verspanungsintensität a: groß, b: klein

Es gibt zwar die verschiedensten Möglichkeiten Geld auszugeben, das noch nicht verdient ist, jedoch gibt es kaum einen Weg, Profilleisten zu verbauen, die noch nicht gefertigt sind. Aber dafür, daß der jetzige Artikel eigentlich schon bei der Quartergalerie fällig gewesen wäre, wird er nun etwas umfassender, Und als Zugabe hier noch ein Ausschnitt aus der Entwicklungsgeschichte der Langholzfertigung:

Einer der Hauptantriebe bei der Weiterentwicklung von der reinen Handsäge zur mechanisch betriebenen war die ewige Suche nach dem Untermann. Das war der "arme Teufel", der beim Sägen eines hoch aufgebockten, waagerecht liegenden Baumstammes an der unteren Seite der Säge, also unter dem Stamm stand. Nicht nur, daß dieser geplagte Bursche den eigentlichen Sägeschnitt zog, ihm fiel auch noch das ganze Sägemehl ins Gesicht. Bei der Vorstellung, daß für ein mittleres Schiff so um die 2000 Baumstämme auf diese Weise von einem Heer von armen Teufeln gesägt werden mußten, wird die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung klar.

Übrigens, der noch heute im englischen Sprachbereich übliche Ausdruck "Underdog` (Unterhund) für den ewigen Verlierer, war ursprünglich die Bezeichnung für diesen im Sägemehl stehenden armen Hund (Bild 129). Die Position dieser Glücklosen gibt es zwar heute nicht mehr, wenn man aber statt der vorher beschriebenen Knochenarbeit in den Minimalbereich überwechselt, kann es wieder ganz schön schwierig werden.

Vor der Unterteilung in Leisten- und Kantenformen mit ihren verschiedensten Profilen noch einen Satz zum Holz. Bei diesen im Zehntelbereich liegenden Profilformen kann nur sehr feinfaseriges Holz eingesetzt werden. Eine grobe Faser würde das Bild des Profils zu sehr beeinträchtigen. Zur Herstellung der Leisten, die hier als Ausgangsmaterial dienen, wird auf Heft 1/95 verwiesen. Zum besseren Verständnis für die nachfolgende Arbeitsunterteilung sei das Wort Verspanungsintensität erwähnt. Was damit gemeint ist, zeigt das Bild 130. Die gleiche Nute läßt sich mit einem Sägeblatt (a) oder mit einem Schaftfräser (b) erzeugen. Ohne viel Wissenschaft kann man erkennen, welche die effektivere Methode ist. Bei den folgenden Bearbeitungsvorschlägen wird versucht, so viel Material als möglich auf eine effektive Art wegzunehmen, um so die Feinstwerkzeuge nicht überzubeanspruchen. Darüber hinaus bedingen schon die verschiedenen Leisten bzw. Bauteilformen den unterschiedlichsten Werkzeugeinsatz.

  1. Profilieren gerader Leisten
  2. Profilieren gerader Bauteilkanten
  3. Profilieren von Leisten mit kreisförmiger Biegung
  4. Profilieren von Leisten mit Kurven
  5. Profilieren von Leisten in zwei Ebenen gebogen

Vorwort Profilieren Profil A Metall-Sägeblatt Mehrzweckeinrichtung
button4.gif 1. Profilieren gerader Leisten -.-   

Eine gerade Leiste - nur im Querschnitt ein bißchen profiliert - hat eigentlich alle Voraussetzungen zu einer sauberen, unproblematischen Fertigung. Schließlich leben wir ja im Atomzeitalter. Wenn nur nicht alles so verdammt klein wäre! Sägeblätter müssen zurechtgezaubert werden, Profilfräser gibt es in dieser Größe nicht, selbst Formfräser aus dem Minibereich sind Riesen gegen die Radien, die bei einem Maßstab von 1:50 oder kleiner so anfallen.

Hier heißt unser Schlagwort: Untergliederung in Formelemente, die sich dann mit "einfachen", eigenproduzierten, Werkzeugen herstellen lassen. Die Vorarbeit wird fast ausnahmslos vom Metallsägeblatt übernommen. Das Beste wird sein, wir treffen eine Auswahl von typischen Profilen (Bild 131) und fangen an.


Vorwort Profilieren Profil A Metall-Sägeblatt Mehrzweckeinrichtung
button4.gif Profil A -.-   

Hierfür ist das Metall-Kreissägeblatt durch nichts anderes zu schlagen. Bei der Vielfalt der im Handel befindlichen Sägeblätter ergeben sich je nach Einschnittbreite zwei Möglichkeiten: Entweder auf unserer kleinen Kreissäge oder auf dem "Superding".

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Bild 131: Profilformen Bild 132: Nuten sägen
a: Tiefe
b: Seitenabstand
Bild 133: Einlagen zur Anpassung des Sägeschlitzes

Vorwort Profilieren Profil A Metall-Sägeblatt Mehrzweckeinrichtung
button4.gif Sägen mit Metall-Kreissägeblatt -.-   

Die Sägesituation ist für dieses Profil als auch für die Vorbearbeitung anderer immer die gleiche: Das Sägeblatt wird um den Betrag der zu sägenden Tiefe mit der Tiefenlehre über die Tischoberkante eingestellt. Gesägt wird dann am Längsanschlag mit dem Leistengesicht nach unten (Bild 132). Eine Empfehlung aus einem früheren Artikel wird für die folgenden Arbeiten eine absolute Notwendigkeit: ein möglichst geringer Spalt zwischen Sägeblatt und Tischschlitz. Das ist meist mit einem serienmäßigen Tisch nicht zu erreichen. Die auf Bild 133 dargestellte Einlage hat den Vorteil, daß sich die Seitenteile im eingebauten Zustand an das Sägeblatt anpassen und unter Drehung des Blattes kontrollieren lassen. Der so erzielte Minimalspalt hat nicht nur einen praktischen Wert, er vermindert auch die Verletzungsgefahr, die durch eine in einen zu weiten Spalt heruntergezogene Leiste entstehen könnte. Die Voraussetzung zur Befestigung der Einlagen ist eine Tischschlitzbreite von 8 mm bis 10 mm. Gegebenenfalls muß der vorhandene Schlitz etwas ausgearbeitet werden. Die benötigte Sägebreite liegt zwischen 1,5 mm und 0,5 mm. Daraus ergibt sich ein Verstellbereich von unter 1 mm je Seite. Das erreicht man durch geringes Aufweiten der Bohrungen der beiden Einlagen in der Querrichtung. Um sich beim Sägen des Profils im sicheren Bereich zu bewegen, läßt man die jeweils zu profilierende Leiste um das von den Fingern gehaltene Stück länger. So bleibt die Hand aus dem direkten Sägebereich heraus. Das ist ebenfalls zu erreichen durch die nachfolgend aufgezeigte Alternative:

Falls man nicht aus Werkzeuggründen (a Fräserschaftlänge, b Sägebreite) von zwei Seiten an das Leistchen heran muß, gibt es eine zweite Möglichkeit, die eigentlich nur Vorteile hat, die Blockbearbeitung, d. h., die Leiste am Rohling einschließlich der Feinbearbeitung komplett fertigzumachen, und darin erst am Längsanschlag auf Breite abzusägen (Bild 134). Bei dieser Art der Fertigung ist sicherzustellen, daß vor dem Abtrennen die Rohlingskante zur Fertigkante Maß "b" parallel verläuft. Diese Möglichkeit gilt für alle Profile der nachfolgenden Beschreibung.


Vorwort Profilieren Profil A Metall-Sägeblatt Mehrzweckeinrichtung
button4.gif Sägen auf der Mehrzweckeinrichtung -.-   

Die hier gezeigten Rillen liegen unter 0,5 mm. Also gerade richtig für unser "Superding". Das schon in unserem "Flickartikel" eingesetzte Mini-Kreissägeblättchen von 22 Durchmesser ist ein wenig schwächlich, dagegen sind zwei nach Bohrung und Zähnchen ausgerichtet und mit Zweikomponentenkleber zusammengeleimt, durchaus zum Sägen einer 0,3 mm bis 0,4 mm breiten Rille zu gebrauchen. Das Zusatzteil Nr. 4 läßt sich durch Unterlagen in die benötigte Höhe bzw. Tiefe bringen. Die Lage der jeweiligen Nute wird gefunden durch Verstellen des Werkzeugdornes in Axialrichtung (Bild 135). Wenn beim Drücken gegen Anschlag und Auflage Schwierigkeiten auftreten, hilft eine verstellbare Führungsleiste. Bei der durch ein Langloch verstellbaren Leiste braucht der Finger nur noch nach unten zu drücken.

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Bild 134: Leistenfertigung am Block Bild 135: Rillen sägen

Zum Abschluß des Kapitels über Profil A hier der handfeste Beweis für die Validität des vorher Gesagten und des noch Kommenden (Bild 136).

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Bild 136: Musterstücke von A bis C mit Werkzeugen

Günter Bossong
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