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05.2004

erschienen in MODELLWERFT 09/1999

Kleine Spiralbohrer fabrikneu schleifen


Vorwort Wirkungsweise Handhabung Arbeitsschritte erste Stück Arbeitsschritte gleicher Durchmesser Schleifen
button4.gif Vorwort -.-   

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Abb. 1:
Mit einfachen Mitteln hergestellt: die fertig Schleifeinrichtung für kleine Spiralbohrer
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Wenn auch Sie nicht zu den paar Begnadeten gehören, die zum Schleifen eines Spiralbohrers nichts anderes brauchen als einen Schleifstein und zwei Hände, lassen Sie sich zum Bau der hier dargestellten Vorrichtung überreden. Der Umgang mit ihr ist reine Routine, wenn auch etwas Sorgfalt notwendig ist. Während das bereits in der "ModellWerft" 7/95 vorgeschlagene ausschließlich manuelle Verfahren naturgemäß individuell beeinflußt werden kann, sind bei der jetzt beschriebenen Schleifaufnahme Position und Bewegung mechanisch diktiert.
Der bei manuell geführten Bohrern notwendige Lernprozeß wird hier überflüssig. Die Vorrichtung ist also auch für jemanden einsetzbar, der nichts anderes will, als ein Werkzeug wieder einsatzfähig zu machen, ohne sich mit der raffinierten Geometrie eines Bohrers zu befassen. Wenn trotzdem gleich etwas über die Entstehung beziehungsweise Wirkungsweise des in Abbildung 1 gezeigten "Gesamtkunstwerkes" gesagt wird, hat das zwei Gründe:
Der erste ist, daß ich's ganz einfach loswerden muß, und außerdem will der eine oder andere der Leser vielleicht doch etwas mehr wissen.


Vorwort Wirkungsweise Handhabung Arbeitsschritte erste Stück Arbeitsschritte gleicher Durchmesser Schleifen
button4.gif Entstehung und Wirkungsweise -.-   

Auf der Suche nach einem Körper, der sich mit dem geringsten Aufwand schleifen läßt, stößt man auf eine zylindrische Walze - viel einfacher zu schleifen als zum Beispiel eine Fläche. Wenn man sich jetzt mit dem Gedanken vertraut macht, daß die beiden zu schleifenden Flächen des Bohrers ein ganz kleiner Ausschnitt aus dieser Walzenoberfläche sind, heißt es nur noch den Bohrer an der richtigen Stellein richtigen Winkel in diese Walze hineinzustecken (Abbildung 2). Dieses Walzenprinzip wurde in der auf Abbildung 3 dargestellten Vorrichtung in eine praktikable Form umgesetzt. Der Ausschnitt der Walzenoberfläche und somit die Freifläche des Bohrers entsteht, wenn die Bohrerspitze am Schleifstein vorbeigeführt wird (Abbildung 4).

Zur richtigen Lage der Schneide kommt es allerdings nur, wenn die Spannuten in ein ganz bestimmtes Verhältnis zum Schleifkörper gebracht werden. Das wiederum wird erreicht durch das Abgreifen der jeweiligen Spannute mit dem Bolzen des Fixierschiebers und der Einstellung des Maßes "y". Das ist der Abstand vom Bolzenmittelpunkt "Z" beziehungsweise der Abgreifstelle zu den geschliffenen Flächen beziehungsweise zum Schleifstein. Der Bohrer beziehungsweise der Walzenausschnitt "X" ist bei waagerechter Lage der Vorrichtung gezeichnet, wobei der Kontakt mit dem Stein erst durch Schwenken in den Bereich der Mittellinie erfolgt.

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Abb. 2:
Walzenprinzip: "S" ist eine der zu schleifenden Spanflächen als Ausschnitt der Walzenoberfläche. Die Bemaßung hat sich aus Versuchen ergeben. Der 60-Grad-Winkel führt zu einem normalen Spitzenwinkel von 120 Grad.
Abb. 4:
Einstellzustellung (vergrößerter Ausschnitt aus Abb. 3): "y" entspricht etwa dem Bohrerdurchmesser; r 10 = Walzen- bzw. Schleifradius (reduziert sich bei Zustellung).

In dieser ersten Vorrichtung wurden drei Bohrungen eingebracht: 0,5, 0,8 und 1 mm. Die jeweilige Bohrung sollte nicht mehr als 10 % größer sein als der zu schleifende Bohrer. sonst wird die Fixierung ungenau. Um weitere Bohrungsdurchmesser schleifen zu können, besteht die Möglichkeit, zusätzliche Bohreraufnahmen (Teil 2) herzustellen und gegen die vorhandene auszutauschen. Die Dicke von Teil 2 (3 mm) läßt einen Aufnahmedurchmesser bis zirka 1,8 mm zu. Ein Durchmesser von 3 mm sollte für dieses Fliegengewicht als Grenze angenommen werden. Dabei würde die Dicke des Teiles 2 von 3 mm auf zirka 5 mm anwachsen, wodurch sich das Maß 4,5 und damit der Radius 10 vergrößert. Außerdem verändert der sich sowieso bei jedem anderen Durchmesser durch den variierenden Abstand "y" ("y" ist etwa Bohrerdurchmesser). Alle übrigen Abmessungen können beibehalten werden.

Der Längsanschlag (Teile 4 und 5) ist so ausgelegt, daß die Stellschraube durch Schwenken der beiden Teile in die Bohrerflucht gebracht werden kann. Durch Versetzen des Böckchens können Bohrer mit einer Länge von 20 bis 45 mm aufgenommen werden. Die zum Schleifen notwendige Schwenkbewegung wird von der Gabel (Teil 6) ermöglicht.

Die Prinzipskizze (Abbildung 5) zeigt das ganze Drumherum:
die Grundplatte mit Aufnahme für die Mini-Bohrmaschine und den Querschlitten zur Befestigung der Schwenkgabel mit Begrenzungsanschlag. Für die Archivare unter den Lesern sei darauf hingewiesen, das diese Grundeinrichtung bereits in der "ModellWerft" 5/95 vorgestellt wurde.

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Abb. 3:
Teile der Schleifvorrichtung: 1 = Grundkörper mit Welle, 2 = Bohreraufnahme mit drei Bohrungen in 60 Grad; 3 = Fixierplatte mit Langloch; 4 = schwenkbarer Längsanschlag, 5 = schwenkbares Schraubböckchen; 5a = Zustellschraube; 6 = Führungsplatte; 7 = Distanzplatte; 8 = Aufnahmegabel.

Vorwort Wirkungsweise Handhabung Arbeitsschritte erste Stück Arbeitsschritte gleicher Durchmesser Schleifen
button4.gif Die Handhabung -.-   

Um die Vorgänge zu demonstrieren, greifen wir uns einen 0,5-mm-Bohrer. Ferner setzen wir voraus, daß nicht nur einer zu schleifen ist, sondern mehrere. Den 0,5-mm-Bohrer wählen wir, weil er am schwierigsten ist und somit die meisten Hinweise notwendig werden. Die Anregung, gleich mehrere Bohrer zu schleifen, ergibt aus dem Umstand, daß beim ersten Bohrer eine Einstellung erforderlich ist, während man bei den nachfolgenden einfach drauflos schleifen kann. Bei uns zu Hause sagt man in einem solchen Falle. "Dat künnt mer glatt für andere Lück maache."

Ehe eine detaillierte Ablaufbeschreibung erfolgt, scheint es ratsam, die einzelnen Bewegungen innerhalb der Schleifeinrichtung zu beschreiben: Da wäre als erstes die Zustellbewegung, die durch Drehung der Schraube im Schraubböckchen erreicht wird. Wenn diese Zustellung bei vorher in die Spannute gedrückter Fixiernase erfolgt, geschieht die Spanabnahme ohne Veränderung der Schneidengeometrie.

Diese Schneidenform wiederum ergibt sich aus der zweiten möglichen Bewegung, nämlich der Bewegung des Schlittens und damit des Punktes "Z" auf den Stein zu. Hierdurch verändert sich durch die Spanabnahme das Querschnittsbild des Bohrers (Abbildungen 4 und 6). Die dritte Bewegung, der eigentliche Vorschub, ist die Schwenkbewegung in der Aufnahmegabel, die das Werkstück am Stein vorbeiführt.


Vorwort Wirkungsweise Handhabung Arbeitsschritte erste Stück Arbeitsschritte gleicher Durchmesser Schleifen
button4.gif Arbeitschritte beim ersten Stück je Durchmesser: -.-   
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Abb. 5:
Prinzipskizze zum Einsatz der Schleifvorrichtung.
  1. Einstellung des schwenkbaren Armes auf die entsprechende Länge und Winkellage (in Flucht mit dem Bohrer).
  2. Einschieben des Bohrers in die 60-Grad-Bohrung bis auf den Grund der Stellschraubenbohrung. Diese Schraube wird so eingestellt, daß der Bohrer um den Betrag von zirka zweimal Bohrungsdurchmesser aus der Bohreraufnahme (Teil 2) herausragt.
  3. Zum Einsetzen der Fixierspitze in eine der Spannuten bedarf es eines Vergrößerungsglases und einiger Sorgfalt. Die Befestigungsschraube sollte so weit angezogen sein, daß sich der Schieber noch so eben bewegen läßt. Wenn das Näschen in der Nute sitzt, wird die Schraube leicht angezogen. Falls jetzt alles seine Richtigkeit hat, führt der Bohrer, wenn er in Längsrichtung verschoben wird, eine Drehbewegung aus. Wenn er so locker ist, daß er von selbst herausfallen könnte, drückt man leicht gegen den Schieber, löst die Schraube und zieht sie wieder an. Wenn der Schaft jetzt fest auf dem Grund der Stellschraubenbohrung anliegt und das Maß "y" mit etwas Zugabe (zirka 20 % zum Schleifen eingestellt ist, kann nichts mehr schiefgehen.
  4. Nachdem die Vorrichtung in die auf dem Schlitten befestigte Gabel eingelegt ist, wird der Motor eingeschaltet und dann der Schlitten gegen die langsam zurückzudrehende Stellschraube vorgerückt. Das geschieht unter ständiger Auf- und Abbewegung der Vorrichtung in der Gabelung und mit äußerster Vorsicht, da die Berührung von Stein und Bohrer kaum merkbar ist. Beim ersten Kontakt wird die Vorrichtung aus der Gabel genommen und die Schneide unter der Lupe betrachtet (Abbildung 6). Falls sich Ihnen das Bild "a" bietet, ist der Idealzustand erreicht, bei "b" muß der Schlittenanschlag noch einen Hauch zurückgestellt werden. Bei "c" ist schon etwas zuviel weggenommen worden. In diesem Falle wird der Bohreranschlag etwas zugestellt. Dabei dreht sich der Bohrer wieder in die Position "b". Jetzt wird das Ganze bei etwas zugestelltem Schlittenanschlag wiederholt. Zugegeben, das Lesen des stirnseitigen Bildes beim Schleifen der ersten Seite macht anfangs einige Schwierigkeiten, aber es erlernt sich schnell.
  5. Beim Schleifen der zweiten Seite muß genau die bei der ersten eingestellte Endstellung erreicht werden. Das heißt, die beiden Stellschrauben, die vom Schlitten und der Bohreranschlag, dürfen nicht einmal berührt werden. Das zum Schleifen notwendige Drehen des Bohrers um 180 Grad geschieht, nachdem die Fixierplatte zurückgezogen ist. Um sicherzustellen, daß die Drehung korrekt erfolgt, wird der Bohrerschaft an einer Seite mit einem Pünktchen versehen. Nachdem die Fixiernase in die zweite Nute eingesetzt ist, muß durch Druck auf die Schneidenspitze die richtige Anlage in der Stellschraube geprüft werden. Nach erneutem Einlegen in die Gabel erfolgt der Schleifvorgang der zweiten Seite. Um den Bohrer nicht einer zu intensiven Spanabnahme zu unterziehen, ist es notwendig, die Erreichung der Endposition zu unterteilen, indem man reduzierend drei bis ein Stück Papier zwischen Schlitten und Anschlagschraube legt. Nach dem Durchpendeln in der Endstellung entspricht das stirnseitige Bild der Ansicht "A" in Abbildung 4.

Vorwort Wirkungsweise Handhabung Arbeitsschritte erste Stück Arbeitsschritte gleicher Durchmesser Schleifen
button4.gif Arbeitsschritte bei gleichen Durchmesser -.-   

Beim zweiten Bohrer gleichen Durchmessers ist der Ablauf der gleiche wie vorher, nur daß der gesamte Arbeitsgang 4 entfällt und dafür der Arbeitsgang 5 zweimal anfällt, also für die erste und zweite Seite.

Bau der Vorrichtung

Ein paar Worte von jemandem, der diese Vorrichtung mit einfachen Mitteln gefertigt hat, kann den "Vollmechanisierten" unter unserem Lesern nicht schaden und den weniger Glücklichen nur helfen.

Der Grundkörper (Teil 1) ist eine 3 mm dicke Messingplatte von 18 x 20 mm. An ihr sind alle übrigen Teile mit Schrauben befestigt, nur die 2-min-Welle ist ausgespart und angelötet. In der Bohraufnahme (Teil 2) sind die drei gewählten Bohrungen 0,5, 0,8 und 1 mm eingebracht. Die Stufungen an der Rückseite lassen auch den Einsatz von Bohrern mit 2,35mm-Schaft zu. Das Bohren dieser kleinen Löcher, besonders der 0,5er, sollte schon auf einer kleinen Ständerbohrmaschine und mit einiger Geduld geschehen. Wenn sich nämlich die Bohrung durch zu starkes Drücken ausweitet, erschwert das den Ausrichtvorgang. Um die Fixierschiebernase genau auf die Mitte der jeweiligen Aufnahmebohrung zu bekommen, müßten die meisten Bemaßungen der Einzelteile in sehr engen Toleranzen liegen. Also eine echte Feinbohrwerksarbeit. Da aber eingangs die Rede von einfachen Mitteln war, wollen wir auch dabei bleiben: Also, man fertigt die Einzelteile so genau wie möglich und legt die Präzision in die Montage.

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Abb. 6:
Stirnseitiges Bild verlagert sich bei Spanabnahme im Uhrzeigersinn.
a = richtig, Schneidkante liegt waagerecht;
b = weitere Spanabnahme nötig;
c = zuviel abgenommen.
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In Fertigungsschritten ausgedrückt sieht das dann so aus: Der Schieber (Teil 3) sollte im Unterschied zu den anderen Teilen nicht aus Messing sondern ans V2A-Blech gefertigt werden. Dieses Material läßt sich noch mit normalen Werkzeugen bearbeiten, ist aber so fest, daß es sich nicht durchbiegt und das Näschen mit der kugelförmigen Spitze von 0,5 mm Durchmesser nicht abbricht. Die einzige maßliche Forderung ist die Parallelität der Führungskante zur oberen Langlochkante. Durch diese Parallelität ist es möglich, durch Reduzierung beziehungsweise Unterlegen der Distanzplatte (Teil 7) eine gleichmäßige und spielfreie Verschiebbarkeit der Fixierplatte zu erreichen. Wenn jetzt die Kugelnase genau auf der Mitte der 0,5er Schrägbohrung liegt, dann ist das ein purer Zufall, mit dem aber kaum zu rechnen ist. Aber auch hier läßt sich die Mittellage durch Reduzierung oder durch Unterlegen einstellen. Wenn die Flucht der anderen beiden Schrägbohrungen in etwa stimmt, genügt diese Einstellung auch für diese, weil sich ein Mittenversatz für die größeren Bohrungen nicht so stark auswirkt. Die Höhe und Flucht der Zustellschraube läßt sich in ähnlicher Weise durch das Schraubböckchen (Teil 5) beeinflussen. Für weitere Durchmesser muß eine zusätzliche Bohreraufnahme (Teil 2) gefertigt werden, wobei man die bisherigen Dimensionen bis zu einem Durchmesser von zirka 1,8 mm beibehalten kann. Für Durchmesser über 1,8 mm muß man die Platte entsprechend dicker auslegen, was ebenfalls eine Erneuerung der Fixierplatte mit dickerer Kugelnase nach sich zieht. Durch solche Änderungen einschließlich einer Verlängerung des Längsanschlages ist die Vorrichtung bis etwa 3 mm Bohrerdurchmesser einsetzbar. Noch ein Hinweis zu dem in den Abbildungen 1 und 5 erkennbaren beziehungsweise angedeuteten Schlitten: Eine spielfreie sanfte Bewegung des Schlittens, der ja selbst aus Holz ist und in Holz läuft, läßt sich erreichen durch das Bekleben der Führungsbahn mit einer bei Tiffany-Arbeiten verwendeten Kupferlitze. Diese Klebefolien schaffen auch Abhilfe bei zu groß geratenem Spiel.

Zum Abschluß noch ein Argument für den Bau dieser Vorrichtung. Es ist eine weitverbreitete Praktik, einen 0,5er Bohrer so lange einzusetzen, bis er nicht mehr schneidet, ihn dann wegzuwerfen und durch einen neuen zu ersetzen. Der kostet so uni die zwei Deutsche Mark - die spart man bei jedem Nachschliff. Und dann noch eins: Nichts hebt das Selbstbewußtsein so sehr wie das erfolgreiche Schleifen eines Bohrers.


Vorwort Wirkungsweise Handhabung Arbeitsschritte erste Stück Arbeitsschritte gleicher Durchmesser Schleifen
button4.gif Schleifen von Bohrern -.-   
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Bild 88:
Spiralbohrer mit seinen Winkeln
Bild 89:
Spiralbohrer mit Querschnitt
Bild 90:
Verhältnis von Bohrer zu Schleifkörper
  1. Der eine oder andere Leser wird sich an das Versprechen erinnern, ihm beim Nachschleifen des damals freiwillig abgebrochenen 0,5er Bohrers zu helfen. Außerdem ist in jeder Phase des Modellbaues immer mal wieder ein Loch zu bohren und das meistens unter 1 mm.
  2. Und das ist genau der Durchmesserbereich, der von den im Handel befindlichen Bohrerschleifeinrichtungen ausgeschlossen ist. Geplant war eine Vorrichtung, die jeder erstellen und jeder bedienen kann, und auch demjenigen, dem schon das Schleifen größerer Bohrer Schwierigkeiten bereitet, einen brauchbaren Bohrer liefert. War nix. (Übersetzung: Umfangreiche Forschungsarbeiten haben zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt.) Die Schwierigkeit bei diesen geringen Durchmessern ist nicht der Schleifvorgang selbst, sondern das Abgreifen eines Bezugspunktes. Was von der Vorrichtung übriggeblieben ist, sind eine Lupe, ein Dreikant-Ölstein und der in einem Röhrchen oder Stiftenklöbchen gehaltene Bohrer. Das ist nicht viel, aber diesmal bringt's der richtige Einsatz.
  3. Hierzu muß man erst mal wissen, wie so ein Spiralbohrer aussieht. Da sind als erstes die beiden spiralförmigen Spannuten. Durch Anschleifen der beiden ebenfalls spiralförmigen Freiflächen ergibt sich der Seitenkeilwinkel bzw. der eigentliche Schneidkeil (siehe Bild 88). Bei Bohrern dieser Größe spart man sich die Spiralform der Freifläche und ist mit zwei in einem Winkel liegenden geraden Flächen zufrieden. Während jedoch bei einer spiralförmigen Freifläche selbst bei ganz geringer Steigung der Bereich hinter der Schneidkante immer freiläuft, so ist das bei einer Fläche nicht der Fall. Legen wir also die Fläche etwas schräger als bei einem Bohrer größeren Durchmessers. Damit ist garantiert, daß der Bohrer nicht "mit dem Hintern" schneidet. Das Schleifen dieser beiden Flächen ist nicht so schwierig, sondern, wie schon eingangs erwähnt, die Bezugnahme zu den Spannuten. Hierbei hilft uns eine weitere Eigenart des Bohrers: Er hat zwei "Durchmesser", bei :,a" und bei "b" gemessen (siehe Bild 89). Wenn also der Bohrer an der extrem oberen Kante mit der Schieblehrenspitze gefaßt wird, richtet sich derselbe aus. Bei einem 0,5mm-Bohrer beträgt der maßliche Unterschied zwischen a und b immer noch fast 0,2 mm. Durch diese Art des Abgreifens ergibt sich die Möglichkeit, die Schmalseite des Querschnittsprofils bei waagerechter Lage des Bohrers in eine senkrechte Position zu bringen. Jetzt gilt es nur noch, den Schleifkörper im richtigen Winkel anzusetzen (siehe Bild 90).
  4. Während Stein und Bohrerschaft in einer Ebene liegen, ist der Stein in dieser Ebene um etwa 2 Grad (vorm rechten Winkel ausgehend) zum Schneidrücken hingeschwenkt. Durch eine weitere Drehung des Steines um 1 Grad um die eigene Achse ergeben sich die 118 Grad des Spitzenwinkels. Der eigentliche Schleifvorgang ist reine Routine: Während der Stein zwei- bis dreimal hin- und hergeführt wird, wird der Bohrer in der ausgerichteten Position gehalten. Daumen und Zeigefinger greifen bis zur Bohrerspitze, um die Schwingungen zu dämpfen. Der jetzt folgende Wendevorgang um 180 Grad ist nur möglich, - wenn an der Bohrerhalterung eine Markierung angebracht ist. Bei einem Bohrer im Röhrchen kann die plattgeklopfte Befestigungsstelle als Orientierung dienen.
  5. Nach mehrmaligem Wenden bzw. Schleifen muß die Querschnittslage kontrolliert werden. Durch die Spanabnahme wird ein leichtes Nachrichten erforderlich. Um niemanden mit der Angabe 1 Grad bzw. 2 Grad zu erschrecken, sei noch die Möglichkeit erwähnt, den Ölstein an einem fabrikneuen, größeren Bohrer zu orientieren. Wie schon eingangs gesagt, muß jedoch der Stein einen Hauch über die so gefundene Stellung hinaus geschwenkt werden. Um bei einem abgebrochenen Bohrer die richtige Position zu finden, muß dieser zuerst stirnseitig flach geschliffen werden. Der Einsatz eines Dreikant-Ölsteines hat sich nur ergeben als Orientierungshilfe zur Erreichung des Spitzenwinkels von 118 Grad. Bei entsprechender Stellung ist auch jeder andere Ölstein zu gebrauchen. Es ist ebenfalls möglich, ein mit 400er Schmirgelpapier beklebtes Holz einzusetzen. Jedoch ist hier die Beschädigungsgefahr durch den hohen spezifischen Flächendruck ziemlich groß.
  6. Die Vorstellung, daß es verschiedene Wege gibt, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, wie hier z.B. so einen Winzling zum Schneiden zu bringen, wird oft in die Worte gefaßt: Jeder macht es anders, und das ist auch gut so." Alte Handwerkskünste haben sich selbst durch Erdteile getrennt in der gleichen oder zumindest ähnlichen Form entwickelt. Es gab nur eine Bestform. Unterschiedliche Vorgehensweisen waren meist das Ergebnis anderer Ausgangsbedingungen, wie z.B. das Vorhandensein anderer Materialien. Das gleiche gilt auch für unseren Modellbau. Andere Voraussetzungen bedingen andere Wege. Bei gleichen Voraussetzungen mit gleichem, festgelegten Ziel gibt es nur einen optimalen Weg (vielleicht zwei). Dabei schließt das Wort "optimal" den vertretbaren Aufwand mit ein. Wenn auch niemand von sich behauptet, diesen optimalen Weg zu kennen und zu gehen. Es gibt ihn. Und damit wird die Allgemeingültigkeit der Bewertung "und das ist auch gut so" etwas fragwürdig. Dessen ungeachtet sollte der Spaß an der Sache das Hauptmotiv bleiben, wie groß auch immer die Entfernung zur Bestform sein mag.
  7. Der Weg zur Bestmethode führt über viel, viel Erfahrung. Das braucht nicht immer die eigene zu sein. Auch große Erfinder haben sich die Erfahrungen anderer zu eigen gemacht. Fragen ist also keine Schande, selbst, wenn man mal an die Falschen gerät. Das gab es, wie ein alter Reim verrät, vor 100 Jahren auch schon: "Wenn Du mal auf Probleme stößt und fragst dann in der Runde, ist meistens niemand, der was weiß. Doch hast Du's endlich dann gelöst, und bringst die frohe Kunde, warst Du der einz'ge Dumme in dem Kreis."

Günter Bossong
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